Das Erbscheinsverfahren und die Legitimierung des Erben
Nach einem Erbfall ist es wichtig, sich als Erbe legitimieren zu können, um alle notwendigen Maßnahmen wie Vertragskündigungen oder Kontoabwicklungen durchführen zu können. Um sich als Erbe zu legitimieren, besteht die Möglichkeit, einen Erbschein zu beantragen. Hierbei spricht man vom Erbscheinsverfahren.
-
Das Erbscheinsverfahren ist ein rechtliches Verfahren, bei dem ein Erbschein beantragt wird, um die Erbenstellung nach dem Tod einer Person nachzuweisen. Der Erbschein dient als offizieller Nachweis, dass eine bestimmte Person oder Gruppe von Personen die rechtmäßigen Erben sind.
-
Um einen Erbschein zu erhalten, muss ein formeller Antrag beim örtlichen Nachlassgericht gestellt werden. In diesem Antrag müssen die erforderlichen Informationen und Unterlagen vorgelegt werden, um die Erbenstellung zu belegen.
-
Der Erbschein ist entscheidend für die ordnungsgemäße Abwicklung des Nachlasses. Banken, Versicherungen und andere Institutionen verlangen in der Regel einen Erbschein, um die Berechtigung nachzuweisen.
Anwaltliche Hilfe beim Erbscheinsverfahren
Sie brauchen Unterstützung bei der Beantragung des Erbscheins? Als erfahrene Fachanwältin für Erbrecht stehe ich Ihnen mit Rat und Tat zur Seite und unterstütze Sie bei sämtlichen Aufgaben, die Sie als Erbe erledigen müssen.
Haben Sie Fragen? Ich freue mich auf Ihre Kontaktaufnahme!
Der Erbschein als Legitimierung des Erben
Nicht jeder kann einen Erbschein beantragen
Den Antrag zur Ausstellung eines Erbscheins kann nicht jeder stellen. Notwendig ist, dass eine Antragsberechtigung vorliegt. Eine solche Berechtigung haben lediglich folgende Personen:
- der Erbe
- der Miterbe
- der Vorerbe vor Eintritt des Nacherbfalls
- der Nacherbe nach Eintritt des Nacherbfalls
- gesetzliche Vertreter von Erben
- der Testamentsvollstrecker oder
- der Nachlassgläubiger zur Vollstreckung
Nicht antragsberechtigt hingegen sind der Vermächtnisnehmer und der Pflichtteilsberechtigte, weil diese selbst keine Erben sind, sondern lediglich einen schuldrechtlichen Anspruch gegen die Erben haben.
Es gibt unterschiedliche Erbscheine
Es gibt unterschiedliche Arten von Erbscheinen, die je nach Situation und Bedarf entsprechend beantragt werden können.
- Der Alleinerbschein führt einen einzigen Erben als Alleinerben auf. Er kann daher auch nur von einem Alleinerben beantragt werden.
- Der gemeinschaftliche Erbschein weist alle Erben mit ihrer jeweiligen Erbquote aus. In diesem wird somit der gesamte Nachlass ausgewiesen.
- Der Teilerbschein führt einen einzelnen Miterben mit seiner Erbquote auf. Andere Miterben werden in diesem nicht aufgeführt. Der Teilerbschein kann daher auch nur für den eigenen Erbteil beantragt werden.
- Der gemeinschaftliche Teilerbschein umfasst mehrere Erben einer Erbengemeinschaft, jedoch nicht alle. In diesem werden die beantragenden Erben mit ihren jeweiligen Erbquoten aufgeführt.
- Der gegenständlich beschränkte Erbschein kann beantragt werden, wenn sich Teile des Nachlasses nicht nur im Inland, sondern auch im Ausland befinden.
- Der Gläubigererbschein kann nach § 792 ZPO von einem Nachlassgläubiger beantragt werden, wenn er die Zwangsvollstreckung betreiben will und noch kein Erbschein ausgestellt wurde.
- Der EU-Erbschein oder das ENZ (Europäisches Nachlasszeugnis) wird relevant, wenn es grenzüberschreitender Sachverhalt innerhalb der EU vorliegt.
Bereits bei Antragstellung die Weichen stellen
Eine Frist zur Beantragung des Erbscheins besteht nicht. Der Antrag kann jederzeit beim zuständigen Nachlassgericht am letzten Wohnort des Erblassers gestellt oder durch einen Notar beurkundet werden. Gerade bei uneindeutiger Erbfolge oder einem umfangreichen Nachlass ist es sinnvoll, sich schon bei dem Antrag auf den Erbschein von einem Rechtsanwalt für Erbrecht unterstützen zu lassen. Dadurch können mögliche Stolperstellen vermieden werden.
Denn gerade in solchen Fällen kann das Erbscheinsverfahren sehr viel Zeit in Anspruch nehmen, weil die tatsächliche Erbfolge vom Gericht festgestellt werden muss. Es lohnt sich daher, den Antrag auf den Erbschein schon frühzeitig zu stellen. Sofern ein Testament vorliegt, kann der Antrag jedoch erst nach der Testamentseröffnung gestellt werden.
Die Kosten des Erbscheinsverfahrens hängen maßgeblich von dem Wert des Nachlasses ab. In der Regel fallen zwei volle Gebühren an, deren Höhe mit dem Wert des Nachlasses steigt. Desto wertvoller der Nachlass, desto höher fallen auch die Gebühren aus.
Die notwendigen Unterlagen beim Erbscheinverfahren
Wer einen Erbschein beantragt, muss zum einen nachweisen, dass er Antragsberechtigt ist und zum anderen, wer Erbe geworden ist. Hierzu ist in jedem Fall die Sterbeurkunde des Erblassers vorzulegen.
Liegt eine letztwillige Verfügung vor, muss diese bei dem Antrag bei Gericht mit eingereicht werden. Wenn die gesetzliche Erbfolge greift, muss hingegen das Verwandtschaftsverhältnis zu dem Erblasser nachgewiesen werden. Zudem muss gegenüber dem Gericht wahrheitsgemäß erklärt werden, ob ein Rechtsstreit über die Frage, wer Erbe geworden ist, bei Gericht anhängig gemacht wurde.
Zudem muss eine eidesstattliche Versicherung darüber abgegeben werden, dass im Erbscheinsantrag wahrheitsgemäße Angaben gemacht wurden. Weiter müssen sämtliche Geburts- und Abstammungsurkunden über Verwandte des Erblassers, falls vorhanden, eine Heiratsurkunde über einen Ehegatten oder das Scheidungsurteil bzw. den Scheidungsantrag sowie Sterbeurkunden über sämtliche Personen, die als Miterben in Betracht kommen sowie deren Abstammungsurkunden vorgelegt werden.
Es gilt der Amtsermittlungsgrundsatz
Im Erbscheinsverfahren gilt der Amtsermittlungsgrundsatz, das heißt, das Gericht prüft von Amts wegen, wer tatsächlich Erbe geworden ist. Dazu ermittelt es eigenständig sämtliche in Betracht kommende Umstände. Sofern ein Streit über die Erbfolge besteht, müssen Zweifel – wie die Geltung eines späteren Testaments oder die Testierunfähigkeit des Erblassers – bei Gericht vorgetragen werden, um dieses über diese Zweifel in Kenntnis zu setzen.